Sobald ihr Herrchen sie abgeleint hat, stürmt die zierliche, zweijährige Malinois-Hündin Freya den Gang entlang und witscht durch eine geöffnete Zellentüre. Energisch schnüffelt sie die Zelle ab. Freya ist ein professioneller Drogenspürhund und kommt seit 2019 in der JVA Aachen zum Einsatz. In Haftanstalten wird zunehmend mit Drogenspürhunden gearbeitet, denn zwischen 40 und 60 % der Häftlinge sind drogenabhängig. Die vierbeinigen Super-Schnüffler helfen effizient, den Handel sowie den Konsum von Drogen einzugrenzen und so die Rückfallgefahr zu verringern. In diesem Artikel erfährst du, was ein Drogenspürhund alles können muss und welches Gerücht ganz sicher nicht stimmt.
Super-Schnüffler bei der Arbeit
Drogenspürhunde oder Drogensuchhunde/Suchtmittelspürhunde, wie sie auch genannt werden, werden immer dann von Polizei oder Zoll eingesetzt, wenn der Verdacht auf Rauschmittelvorkommen besteht. Das kann an Flughäfen, bei Grenzkontrollen und bei Razzien in einschlägigen Szeneetablissements, wie z. B. Bordellen oder Discos, sein. Dies sind alles Orte, wo „traditionellerweise“ Suchtmittel ins Land gelangen oder gehandelt werden. Da nicht jeder einfach so mit illegalen Drogen umgehen darf – die gesetzlichen Regelungen sind in diesem Bereich recht streng – liegen auch die Ausbildung und der Einsatz von Drogenspürhunden fast ausschließlich in der Hand von Sicherheitsbehörden. Es ist also nicht möglich, deinen privaten Familienhund auszubilden und auf Drogensuche zu schicken.
Müssen Drogenspürhunde für erfolgreiche Arbeit süchtig sein?
Aber was suchen die Hunde überhaupt? Sind sie anschließend high? Oder müssen sie sogar süchtig sein, um Drogen finden zu wollen? Hast du dieses Gerücht vielleicht selbst schon einmal gehört? Wieso sollten Hunde nach Rauschgiften suchen, wenn sie nicht süchtig wären?
Sie tun das aus genau demselben Grund, aus dem beispielsweise Rettungshunde Menschen aufspüren, Sprengstoffmittelhunde Sprengstoff und Schimmelspürhunde Schimmel. Die Hunde werden auf einen bestimmten Geruch konditioniert, indem dieser immer mit einem ausgelassenen Spiel verknüpft und damit eine erfolgreiche Suche belohnt wird. Spiel und Spaß sind auch hier die Zauberworte hinter den beeindruckenden Leistungen unserer Hunde. Der Hund sucht nicht die Droge an sich, sondern sein Spielzeug in der Hoffnung auf ein Spielchen. Das Spielzeug wird in der Ausbildung mit den Gerüchen von Drogen verknüpft. Wenn ein Cartoonist dies bildlich darstellen sollte, sähe es wohl so aus, dass ein Drogenspürhund im Einsatz mit wichtiger Miene und einer großen Gedankenblase überm Kopf, in der sein Spielzeug abgebildet ist, eiligst den Knast durchsucht.

Drogenspürhunde werden auf die Leitsubstanz eines Suchtmittels konditioniert. Das ist der individuelle Geruch eines Rauschgifts, der für Menschen nicht riechbar ist. Die sogenannte Wirksubstanz, welche die berauschenden Effekte hat, ist eine andere. Der Hund soll zu keiner Zeit mit dieser Wirksubstanz in Kontakt kommen, denn genauso, wie sie für den Menschen schädliche Wirkungen haben, können sie auch für Hunde gefährlich sein. Ein Drogenspürhund kennt also das Gefühl „high“ zu sein durch „seine Beute“ nicht. Im Gegenteil – jeder Hundeführer in diesem Bereich hat stets ein Erste-Hilfe-Paket bei sich, falls ein Hund versehentlich etwas von einer Substanz über das Maul oder die Nase aufnehmen sollte, zum Beispiel durch einen unvorsichtigen Biss in ein Päckchen Cannabis. Das kann für das Tier lebensgefährlich sein, daher wird sofortiges Erbrechen durch die Injektion eines Brechmittels herbeigeführt und anschließend der Tierarzt aufgesucht. Normalerweise soll so etwas aber gar nicht erst passieren.
Supernase und Köpfchen
Was befähigt unsere vierbeinigen Lieblinge eigentlich dazu, solch anspruchsvolle Schnüffelarbeiten für uns zu erledigen? Tatsächlich wären wir Menschen ziemlich aufgeschmissen, wenn wir sie selbstständig ausführen müssten. Im Vergleich zu den mickrigen 5 Mio. Riechzellen eines Menschen haben Hunde ein Vielfaches davon. Die Anzahl unterscheidet sich von Rasse zu Rasse stark. Kurznasige Rassen, wie etwa ein Mops, haben vom Körperbau her einfach weniger Platz für diese Hochleistungsausstattung als ein langnasiger Geruchsexperte wie der Bloodhound. Um einen Vergleich zum Menschen zu bekommen: ein Dackel hat etwa 125 Mio., ein Schäferhund sogar 220 Mio. Riechzellen. Hunde gehören deshalb zu den Nasentieren, den Makrosmatikern.
Zusätzlich zu dieser Basisausstattung haben Hunde die Fähigkeit, sehr schnell stoßweise zu atmen und so möglichst viele der Geruchspartikel über die Nasenschleimhaut an die Riechzellen weiterzuleiten. Bis zu 300 x pro Minute atmet ein Hund bei dieser sogenannten Schnüffelatmung ein, wenn er einen interessanten Geruch untersuchen will.
Aber Riechen ist auch Kopfsache. Die Nase ist – genauso wie die Augen – in der Lage, rechts und links zu unterscheiden. Die Signale, die an das Hundegehirn weitergegeben werden, zeichnen also ein räumliches Bild einer Geruchsspur. So kann der Hund Fährten finden und folgen und „erriecht“ sich sozusagen eine Landkarte seiner Umgebung. Der Bereich des Gehirns, der für die Geruchsverarbeitung zuständig ist – das Riechhirn – belegt beim Hund etwa 10 Prozent der Hirnleistung. Beim Menschen ist es nur 1 Prozent.
Diese Fakten zeigen sehr deutlich, weshalb der Mensch schon immer die Hilfe seiner vierbeinigen Gefährten geschätzt und mit der Zeit immer gezielter einsetzt hat.
Was muss ein Drogenspürhund können?
Im Allgemeinen lernt jeder Drogenspürhund nach und nach die Gerüche von:
- Heroin
- Kokain
- Marihuana/Haschisch
- Ecstasy
- und Amphetaminen kennen und anzuzeigen.
Interessant: Beherrschen sie das einmal, d. h. war die Konditionierung erfolgreich, dann lässt sie sich nicht wieder auslöschen. In den USA, wo in manchen Staaten der Konsum von Marihuana legalisiert wurde, stellt das nun ein Problem dar. Ausgebildete Hunde reagieren auf die nun legal konsumierenden Kiffer. Das bringt ganz schön Trubel auf die Straßen. Daher wird bereits überlegt, dort Marihuana aus der Ausbildung von Hunde-Azubis herauszunehmen. Bei uns ist diese Problematik noch nicht gegeben.

In Bereich Drogenkriminalität sehen sich Hundeführer und Hund häufiger der Feindseligkeit und Gewaltbereitschaft der überprüften Personen ausgesetzt. Anders als beispielsweise bei Rettungshunden ist hier niemand happy, wenn der Hund Erfolg hat. Das kann manchmal gefährlich sein, daher sind viele Drogenspürhunde auch als Schutzhunde ausgebildet und müssen mit dieser Arbeitsatmosphäre zurechtkommen. Auch dürfen sie sich nicht ablenken lassen, sogar unter Extrembedingungen wie beispielsweise Lärm, Trubel, Gerüche und Enge in einer Disco. Zielgerichtet folgen die Hunde der Spur der ankonditionierten Gerüche und zeigen ihrem Hundeführer an, wenn sie etwas gefunden haben. Dies kann aktiv, z. B. durch Bellen, Anstupsen oder Scharren geschehen oder aber passiv, indem der Hund in einer bestimmten Position verharrt und mit Nase und Augen in Richtung des Drogenverstecks weist. Neben dem körperlichen Risiko, das für einen Drogenspürhund besteht, wenn er die Substanz aktiv mit Körperkontakt anzeigt, gibt es aber auch andere Gründe für eine geräuschlose Anzeige:
Ein Kollege von Freya, der Rottweiler Rolex aus der JVA Köln, bellt erst, wenn sein Kontrollgang komplett beendet ist. Dann hört man in einigen Zellen die Toilettenspülung rauschen – in diesem Moment werden illegale Drogen schnellstmöglich „entsorgt“. Daher zeigt Rolex einen Drogenfund passiv an. Das ist unverfänglicher, wenn noch weitere Zellen kontrolliert werden müssen. Und Rolex hat noch eine ganz besondere Fortbildung – er kann auch Handys aufspüren. Die Batterien der Mobiltelefone geben hierbei den zu findenden Geruch ab. Da in Gefängnissen der Drogenhandel per Handy organisiert wird, ist das Finden solcher Geräte sozusagen die Basisarbeit beim Anti-Drogen-Einsatz.
Drogensuche ist für die Hunde Schwerstarbeit. In der Regel erfolgt daher nach etwa 15 Minuten Einsatz eine längere Pause und ein Hundeführer hat optimalerweise mehrere Hunde zur Verfügung.
Welche Hunde eignen sich für den Job?
Prinzipiell sind die Hunderassen für den Job geeignet, die eine möglichst gute Riechleistung haben. Das schließt kurznasige Rassen wie Bulldogge, Boxer und Mops eher aus und auch sehr kleine Rassen, da diese prozentual gesehen weniger Riechzellen besitzen als mittelgroße bis große Rassen. Ein ausgeprägter Spieltrieb ist vorteilhaft und körperliche sowie psychische Gesundheit sind ohnehin Basis einer professionellen Ausbildung. Ein vierbeiniger Drogenermittler muss selbstbewusst sein, ein hohes Konzentrationsvermögen haben und darf nicht ängstlich oder schreckhaft sein.
Ein Drogenspürhund lebt auch in seiner Freizeit bei seinem Hundeführer. So ist die für den Job wichtige Bindung optimal gewährleistet und beide wissen, sie können sich zu 100 % aufeinander verlassen.
Schulbank für Drogenspürhunde

Denn Vertrauen ist auch bei Drogenspürhunden das A und O der Zusammenarbeit mit dem Hundeführer. Daher wird schon mit dem Welpen intensiv gearbeitet. Er lernt alle möglichen Umweltreize kennen, immer mit seinem Hundeführer an der Seite, der ihm bedeutet, dass alles in Ordnung ist. Verschiedene Umweltreize, das sind z. B. unebene Untergründe, Wasser, glatte Böden, Gitter, Aufzüge, Supermärkte, Treppen, laute Bahnhöfe, trubelige Fußgängerzonen, Stadtfeste usw. Je mehr Eindrücke der Welpe als „völlig normal“ abspeichern kann, desto weniger wird er auch als erwachsener Hund zu irritieren sein, wenn etwas Unvorhergesehenes geschieht.
Wie schon oben erwähnt, haben die meisten Drogensuchhunde eine erste Ausbildung als Schutzhund erhalten. Diese dauert 18 bis 24 Monate. Von Welpenzeit an bis zur Abschlussprüfung wird geschaut, ob sich der Hund als Diensthund eignet. Ist dies der Fall, schließt sich die etwa einjährige Ausbildung als Suchtmittelspürhund an. Jeder Hund wird aber erst dann zur Prüfung antreten, wenn er bereit ist. Denn jeder Hund ist ein Individuum mit einer einzigartigen Art zu lernen. Darauf wird in der Ausbildung eingegangen, schließlich soll jede Lektion sitzen. Die Ausbildungsdauer kann also variieren und auch von Speziallektionen wie der Handysuche verlängert werden. Die Diensthundeprüfung muss alle zwei Jahre wiederholt werden.
In Nordrhein-Westfalen gibt es in der Polizeischule Schloss Holte-Stukenbrock bei Bielefeld eine eigene Ausbildungsstätte für die Schnüffelspezialisten und ihre Hundeführer. Dort werden sogar eigens Hunde für den Einsatz als Diensthund gezüchtet. Ein interessantes Interview, das Auswahlkriterien und die ersten Wochen eines solchen zukünftigen Diensthundes illustriert, kannst du hier lesen.
Die Ausbildung zum Suchtmittelspürhund an sich ist auf Spiel und Spaß aufgebaut, denn dies ist ja die eigentliche Motivation des Hundes. Ein Spielzeug, das mit einer Droge so präpariert ist, dass der Hund keinesfalls in direkten Kontakt mit ihr kommen kann, wird zunächst einfach zum ausgelassenen Spielen benutzt. So entsteht schon nach kurzer Zeit die Verknüpfung zwischen dem speziellen Geruch und dem Spielzeug. Auch mit den anderen zu erlernenden Leitsubstanzen wird der Hund auf diese Weise nach und nach vertraut gemacht. Später wird das Spielzeug versteckt, damit der Hund lernt, sich das herbeigesehnte Spielchen zu erarbeiten. Wenn er das Spielzeug gefunden hat, folgt selbstverständlich sofort ein Belohnungsspiel. Die Verstecke werden nach und nach immer schwieriger. Der Hund bekommt aktives und passives Anzeigen beigebracht. Dies ist nur eine sehr kurz zusammengefasste Beschreibung des Ausbildungsaufbaus. Sie dauert insgesamt etwa ein Jahr und schließt mit einer Prüfung ab, welche ebenfalls alle zwei Jahre wiederholt werden muss. Aber im Grunde lernt jeder Hund auch mit jedem Einsatz dazu. Daher stimmt wohl die Aussage des Trainers Dirk Grabowsky von der Polizeischule Schloss Holte-Stutenbrock aus oben erwähntem Interview:
„Hundeausbildung dauert ein Leben lang.“
Fazit
Ausbildungen zu Diensthunden standen lange im Ruf, brutal und tierschutzwidrig zu verlaufen. Heute gibt es klare Leitlinien dafür. Das Wohl des Hundes sowie seine Motivation haben dabei oberste Priorität. Nur wenn es dem Vierbeiner gutgeht, ist er auch motiviert. Und nur dann ist auch das notwendige Vertrauensverhältnis zu seinem Hundeführer gegeben, welches es braucht, um diese Aufgabe im Einsatz gegen Kriminalität, Drogenhandel und Rauschgiftabhängigkeit bestmöglich zu erfüllen. Die beeindruckende Geruchsleistung des Hundes ist die Spezialausstattung dafür, aber die optimalen Rahmen- und Lernbedingungen muss der Mensch schaffen.
Hast Du mit Deinem Hund schon einmal Schnüffelspielchen gespielt?
Auch wenn Du Deinen Liebling nicht als Drogensuchhund ausbilden kannst, so kannst Du ihn auf einen anderen Geruch konditionieren und eine Menge Spaß mit ihm bei der Suche haben. Und anschließend einen zufriedenen und kopftechnisch ausgelasteten Hund zuhause.
Schildere uns doch gerne deine Erfahrungen mit Suchspielen für die Freizeit.