Der vegane Lebensstil schleicht sich mehr und mehr in den Alltag vieler Menschen ein und auch viele Hundebesitzer verzichten inzwischen auf Fisch, Milch und Co. Unweigerlich kommt irgendwann die Frage auf, ob du deinen geliebten Vierbeiner weiterhin mit Fleisch füttern möchtest, obwohl du selbst aus ethischen Gründen darauf verzichtest. Ich habe mich mit dem Thema befasst und mit vier Expertinnen über vegane Hundeernährung gesprochen.
Ist eine vegane Hundeernährung möglich?
Dass die Fleischindustrie in der Regel die reinste Tierquälerei ist, ist den meisten Menschen inzwischen wohlbekannt und viele Tierliebhaber verzichten deshalb auf Fleisch und andere Tierprodukte. Doch kann man seinen Hund weiterhin unbesorgt mit Fleisch füttern, während man selbst es aus schlechtem Gewissen meidet?

Die Expertinnen
Ich habe mit vier Expertinnen darüber gesprochen, ob vegane Hundeernährung den Hund gefährdet und worauf man bei einer Umstellung achten muss.
Tierärztin Stephanie Stenschke-Großmann
Tierärztin Dr. Stenschke-Großmann arbeitet in der Tierarztpraxis Kleintiermedizin Am Lützowufer in Berlin und lebt selbst vegetarisch.
Fachtierärztin für Tierernährung Dr. Natalie Dillitzer
Die Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik Dr. Dillitzer berät bei Futtermedicus Hundebesitzer dabei, wie sie ihren Vierbeiner bestmöglich und ausgewogen ernähren.
Fachtierärztin für Ernährung Dr. Stefanie Handl, Diplomate ECVCN
Auch Frau Dr. Handl, Fachtierärztin für Ernährung und Diätetik, hilft bei der Futterambulanz Kleintierbesitzern dabei, ihr Haustier ideal zu versorgen.
Ernährungswissenschaftlerin Melanie Ehrmann
Die Ernährungswissenschaftlerin Melanie Ehrmann arbeitet als Produktentwicklerin bei Green Petfood. Die Futtermarke stellt unter anderem 100% vegetarisches und 99,9% veganes Hundefutter her.
Die Vorteile einer veganen Hundeernährung
Eine vegane Hundeernährung hilft dem Tierbesitzer, seine eigene Philosophie zu leben,
erklärt Frau Dr. Dillitzer das Phänomen, dass immer mehr Menschen ihren Hund vegan ernähren wollen. Und dabei gibt es tatsächlich besonders im Tier- und Umweltschutz einige Argumente für eine vegane Ernährung:
Für die vegane Ernährung des Hundes (und des Menschen) spricht die Entlastung der Umwelt durch Verminderung der Treibhausgasemissionen und Wassereinsparungen und natürlich die Schonung der Nutztiere,
führt Frau Stenschke-Großmann die positiven Gründe für eine vegane Ernährung aus. Und tatsächlich ernähren viele Hundebesitzer ihre Hunde aus ethischen Gründen vegan. Denn neben dem Tierleid, was durch eine vegane Ernährung reduziert wird, wird auch der Klimaschutz und die Nachhaltigkeit unterstützt.
So benötigt die Produktion von 1 kg Rindfleisch rund 15.000 Liter Wasser und ist für 145 kg Treibhausgase verantwortlich“,
verdeutlicht Ernährungsexpertin Frau Ehrmann die Auswirkungen der Fleischindustrie.

Oftmals wird einer veganen Hundeernährung in Büchern oder dem Internet auch unterstellt, gesünder für den Hund zu sein. Dies konnte bisher aber nicht belegt werden.
Eine vegetarische oder vegane Ernährung hat für den Hund keinen gesundheitlichen Vorteil. In seltenen Fällen kann eine Diät mit einem hohen Anteil an pflanzlichen Futtermitteln hilfreich sein, z.B. bei manchen Harnsteinen oder bei Allergien gegen gängige Fleischsorten – dann müssen diese Diäten aber sachkundig bilanziert werden,
erklärt Frau Dr. Handl.
Die Nachteile einer veganen Hundeernährung
Deinen Hund auf eine vegane Lebensweise umzustellen, erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema. Hunde vegan zu ernähren ist ein recht neues Phänomen und demnach solltest du dir als Besitzer über die Bedürfnisse deines Hundes und darüber, wie du sie erfüllst, bewusst sein.
Fachtierärztin Dr. Handl rät:
Wer das Futter für seinen Hund selbst zubereiten möchte – egal ob mit Fleisch oder ohne – sollte sich immer Rezepte von einem fachkundigen Tierarzt, also einem Fachtierarzt für Ernährung, berechnen lassen.
Übrigens: Auch veganen Fertigfuttermitteln mangelt es oft an gewissen Nährstoffen. Diese müssen unbedingt hinzu gefüttert werden.
Nährstoffmängel seien aber nicht nur ein Problem bei veganer Hundeernährung, betont Frau Dr. Dillitzer:
Auch bei allen anderen Fütterungsform kann es zu Nährstoffmängeln kommen. Ein Hund kann mit den notwendigen Supplementen nach aktuellem Stand der Wissenschaft bedarfsgerecht ernährt werden.
Weiter merkt Frau Dr. Dillitzer aber auch an, dass es bisher noch keine Langzeitstudien zu diesem Thema gäbe.
Zwar kenne ich Kunden, die ihren Hund schon über mehrere Jahre vegan ernähren, um wirklich Auskunft über Langzeitfolgen machen zu können, müsste man aber mehrere vegan lebende Hunde über, je nach Rasse, 12 – 18 Jahre beobachten.
Das Phänomen ist zu neu, wodurch zu wenig Erfahrungsberichte vorhanden sind.

Von einer veganen Ernährung bei Hunden im Wachstum oder Hündinen in der Säugephase muss aber dringend abgeraten werden.
Gehen von einer veganen Hundeernährung Gefahren aus?
Konkrete Gefahren bestehen insbesondere, wenn ein Nährstoffmangel entsteht,
erklärt Tierärztin Stenschke-Großmann. Diese Mängel können auch bei gekauftem Fertigfutter entstehen. Problematisch sind diese vor allem, da sie bei einer allgemeinen klinischen Untersuchung nicht aufgedeckt werden können. Der Hund kompensiert die Nährstoffmängel oft über einen längeren Zeitraum und Beschwerden zeigen sich meist erst sehr spät.
Wenn es dann zu Erkrankungen kommt, ist es für den Tierarzt sehr schwer den Mangel aufzudecken, da man nach Monaten der Futterumstellung kaum noch eine Verbindung zur Ration herstellen kann und auch eine Blutuntersuchung nicht hilfreich ist. Auch in diesem Falle hilft nur eine Bilanzierung durch den spezialisierten Tierarzt,
erklärt Tierärztin Stenschke-Großmann. Folgen eines nicht erkannten Mangels können sich durch Schwächung des Immunsystems, Erkrankungen des Muskel- und Skelettstoffwechsels, Erkrankungen der Haut und Augen und durch Fruchtbarkeitsstörung offenbaren.

Eine Umstellung sollte also in Begleitung eines Fachtierarztes für Tierernährung erfolgen um sicherzugehen, dass der Hund gesund auf die vegane Umstellung vorbereitet wird. Wenn du dich aber mit dem Nährstoffbedarf deines Hundes auseinandersetzt und er die Nährstoffe zugefüttert bekommt, an denen es ihm bei einer veganen Fütterung mangeln würde, ist eine Umstellung auf eine vegane Fütterung durchaus möglich.
Man muss generell darauf achten, dass der Hund alle Nährstoffe in der Menge bekommt, die er benötigt,
erklärt Green Petfood-Expertin Frau Ehrmann.
Wie sieht eine vegane Hundeernährung überhaupt aus?
Seinen Hund zu 100% vegan zu ernähren ist nicht möglich, da sind sich alle Experten einig. Denn es gibt Vitamine und Aminosäuren, wie Vitamin B12 und Taurin, die rein pflanzlich nicht herstellbar sind. Dennoch kann man den Großteil des Hundefutters durch vegane Alternativen ersetzen, sodass man seinen Hund immerhin zu 99,9% vegan ernähren kann.
Tierärztin Dr. Dillitzer, die ihre Kunden bei einer ausgewogenen Hundeernährung berät, hat zusammengefasst, wie eine vegane Futterration aussehen kann:
Welche Bestandteile das Hundefutter haben wird, ist letzten Endes vom Tierbesitzer abhängig. Als Eiweißquelle eignet sich Soja oder eine Tofubasis. Auch Seitan wird gerne verwendet. Hinzu kommen verschiedene Kohlenhydrate wie Getreide oder Kartoffeln, damit der Hund genügend Kalorien bekommt. Weiter sind Erbsen und Linsen ein Bestandteil vieler veganer Rationen.
Hinzu komme noch etwas Obst und Gemüse, Öle, etwas gemahlene Nüsse, Spirulina und Mineralpulver. Hierbei handelt es sich nur um eine grobe Umschreibung, die keine fachkundige Beratung ersetzt.
Neben dem selbst Kochen kann man natürlich auch auf veganes Fertigfutter zurückgreifen. In der Januarausgabe 2017 hat das Verbrauchermagazin Öko-Test Bio-Nassfutter getestet. Auch drei vegane Produkte waren unter den Kandidaten und eines von ihnen, VegDog, wurde als drittbestes Produkt ausgezeichnet und mit „ gut“ bewertet. Auch das gesamte Green Petfood-Sortiment wurde von der unabhängigen DLG Testservice GmbH getestet und mit dem Urteil „sehr gut“ zertifiziert.

Doch beim Fertigfutter ist Vorsicht geboten: Nicht jeder Futtermittelhersteller ist zu empfehlen.
100% vegane Fertigfutter kann es gar nicht geben, denn einige Zusatzstoffe können nicht pflanzlichen Ursprungs sein. Alleinfuttermittel, die angeblich keine Zusatzstoffe enthalten, sollten man unbedingt meiden, denn sie können unmöglich ausgewogen sein,
erklärt Fachtieräztin Dr. Handl.
Ob selbst gekocht oder fertig gekauft: einen Besuch bei einem Fachtierarzt für Tierernährung gehört zu einer verantwortungsvollen Umstellung auf eine nahezu vegane Hundeernährung.
Die Umstellung: Darauf musst du achten
Es gibt bestimmte Stoffe, die dein Hund bei veganer Ernährung nicht unbedingt bekommt. Am häufigsten mangelt es veganen Hunden an Taurin, Arachidonsäure und Vitamin B12, Kalzium, Phosphor, Natrium, Zink, Eisen, Kupfer, Vitamin A oder Vitamin D3. Bei einer Umstellung sollte darauf geachtet werden, dass du das Futter mit genügend Ergänzungsmitteln anreicherst, damit genug Spuren dieser Stoffe enthalten sind. Ein beratendes Gespräch mit dem Fachtierarzt deines Vertrauens hilft dir dabei, die Umstellung individuell auf deinen Hund anzupassen und eventuelle Probleme bei der Umstellung schneller zu erkennen.
Erbsen, Linsen und Bohnen sollten für den Hund püriert werden.
Denn nicht pürierte Hülsenfrüchte werden von Hunden einfach wieder ausgeschieden, wodurch der Körper die Nährstoffe nicht aufnehmen kann,
erklärt Fachtierärztin für Tierernährung Dr. Dillitzer. Zudem dürfen Kohlenhydrate, wie Getreideprodukte und Kartoffeln, nur gut gekocht verfüttert werden.

Tierärztin Stenschke-Großmann rät dazu, das Futter innerhalb von drei bis fünf Tagen umzustellen, „indem man sukzessive mehr vom neuen Futter hineinmischt und vom alten Futter weglässt.“ Schritt für Schritt also.
Den Hund sollte man dabei gut beobachten und falls es zum Beispiel zu Verdauungsproblemen kommen sollte, noch etwas langsamer umstellen,
meint Ernährungsexpertin Frau Ehrmann ergänzend.
Fazit: Ist eine vegane Hundeernährung also möglich?
Bei den meisten Antworten waren die Expertinnen sich einig. Was dem Hund gefüttert wird, muss letzten Endes der Besitzer entscheiden, solange er sichergeht, dass die Ernährung den physiologischen Bedürfnissen des Tieres entspricht. Auch eine nahezu vegane Hundeernährung ist also möglich, solange sie mit professioneller Hilfe an den Hund angepasst wird. Das bedeutet aber am Anfang viel Arbeit und Interesse und ist nicht einfach damit getan, veganes Hundefutter zu kaufen. Du solltest dich ausgiebig mit den Ernährungsbedürfnissen deines Vierbeiners auseinandersetzen. Hast du dich gut informiert braucht es nur noch eine kleine Umgewöhnungsphase und einen fachkundigen Tierarzt. Um sicher zugehen, dass es deinem Hund auch tatsächlich gut geht, kannst du ihn auch nach der Umstellung hin und wieder zu einem spezialisierten Tierarzt bringen, um ihn untersuchen zu lassen. Tierärztin Stenschke-Großmann findet abschließend:
Ich denke, dass der Tierbesitzer entscheiden soll, was er füttern möchte, dabei aber offen für Beratung und insbesondere eine Rationsberechnung sein sollte.
Du möchtest wissen, wie veganes Hundefutter unseren „Testhunden“ geschmeckt hat? Dann findest du hier unsere Testberichte:
Hundefutter von Green Petfood im Test
Veganes Hundefutter von VegDog im Test
Was denkst du über vegane Hundeernährung?
Hast du schon Erfahrungen damit gemacht und vielleicht Tipps?
Wir freuen uns über jeden Kommentar!
Quellen und weitere Informationen:
- Tierärztin Dr. Stenschke-Großmann aus der Tierarztpraxis Kleintiermedizin Am Lützowufer in Berlin
- Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik Dr. Dillitzer berät bei Futtermedicus
- Fachtierärztin für Ernährung und Diätetik, Dr. Handl, tätig bei der Futterambulanz
- Ernährungswissenschaftlerin Melanie Ehrmann, Produktentwicklerin bei Green Petfood.
- Veganes Hundefutter VegDog
- Diplomarbeit über vegane Hunde- und Katzenernährung
- Artikel beim Spiegel: Veganes Futter, fleischlose Ernährung für Hund und Katze
- Öko-Test erste Ausgabe 2017
- Artikel: Getreidefreie Ernährung beim Hund von Kleintierpraxis Ralph Rückert, Ulm
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1 Gedanke zu „Kann ich meinen Hund vegan ernähren?“